„Outing“ und „Coming Out“ – Das sind die Unterschiede
Die Begriffe „Outing“ und „Coming Out“ werden oft synonym verwendet. Aber haben sie wirklich dieselbe Bedeutung? Gerade im deutschen Sprachgebrauch scheint es so. Tatsächlich gibt es allerdings einen gravierenden Unterschied. Es zeigt sich nicht nur rein sprachlich, sondern auch im Hinblick auf persönliche Erfahrungen und Selbstbestimmung überaus wichtig ist. Als bewusste Lesbe solltest du ihn kennen und deinen Wortgebrauch gegebenenfalls entsprechend anpassen. Hast du „Outing“ und „Coming Out“ vielleicht auch schon einmal im selben Kontext verwendet? Dann könnte dich überraschen, was du im Folgenden erfährst.
Was ist der Unterschied zwischen „Outing“ und „Coming Out“?
Im Alltag werden die Begriffe „Coming Out“ und „Outing“ häufig gleichgesetzt. Man verwendet sie beide als eine Beschreibung dafür, die sexuelle Orientierung öffentlich zu machen. Doch genau genommen sind sie nicht dasselbe.
„Coming Out“ beschreibt den bewussten und selbstbestimmten Prozess, bei dem du dir deiner eigenen sexuellen Identität erst einmal klarwirst, sie akzeptierst und anschließend dein Umfeld darüber informierst. Es ist ein persönlicher Schritt, der mit viel Mut verbunden sein kann. Der Ausdruck stammt vom englischen „to come out“ (herauskommen) und beschreibt das aktive, freiwillige Mitteilen der eigenen Homosexualität bzw. Geschlechtsidentität.
Beim „Outing“ sieht die Sache ganz anders aus: Hier geht es um das unfreiwillige Öffentlichmachen der sexuellen Orientierung durch andere Personen. Wenn also jemand über dich spricht und dabei deine sexuelle Identität preisgibt, ohne dass du dem zugestimmt hast, handelt es sich um ein Outing. Dieses unfreiwillige Bekanntmachen kann einen großen Eingriff in die Privatsphäre bedeuten und sehr belastend sein.
Kurz gesagt: Das Coming Out ist selbstbestimmt und freiwillig, während das Outing fremdbestimmt und oft verletzend ist.
Die Geschichte des Outings
Der Begriff „Outing“ ist relativ jung und wurde in Deutschland vor allem durch Rosa von Praunheim geprägt. 1991 sorgte er in der RTL-Talkshow „Der heiße Stuhl“ für Aufsehen, als er die Homosexualität von Alfred Biolek und Hape Kerkeling öffentlich machte. Diese Aktion wurde damals sowohl gelobt als auch scharf kritisiert.
In den 1990er-Jahren wurde das Outing von Stars und Sternchen auch als politisches Mittel genutzt. Die New Yorker Aidshilfe-Gruppe ACT UP veröffentlichte etwa die Namen prominenter Schwuler, um während der Aids-Krise auf die Diskriminierung homosexueller Menschen aufmerksam zu machen. Diese Methode blieb umstritten, da das unfreiwillige Outen selbst eine Form von Verletzung darstellt.
Heute ist der öffentliche Diskurs darüber differenzierter geworden: Gerade ein Outing im privaten Umfeld wird ganz klar als grober Vertrauensbruch betrachtet und ist sehr bedenklich.
Berühmte Coming Outs
Generell ist die Welt aber etwas offener gegenüber lesbischer Liebe geworden. Zahlreiche Prominente haben in den letzten Jahren den Schritt gewagt, ihre sexuelle Identität öffentlich zu machen. Für manche war es ein bewusstes Statement, für andere eine natürliche Entwicklung. Heute können solche Coming Outs mehr und mehr eine wichtige Vorbildfunktion haben.
So nutzte beispielsweise die US-amerikanische Schauspielerin Chloë Grace Moretz ihren Instagram-Account im November 2024, um ihre politische Haltung und gleichzeitig ihr Coming-out als lesbische Frau zu teilen. Anlässlich der US-Präsidentschaftswahl schrieb sie: „Als lesbische Frau glaube ich an die Notwendigkeit eines rechtlichen Schutzes für die LGBTQ+-Gemeinschaft. Wir brauchen Schutz in diesem Land und müssen Zugang zu der Versorgung haben, die wir brauchen und die wir verdienen.“ Mit ihrem offenen Statement setzte sie ein starkes Zeichen für Sichtbarkeit und Solidarität.
Die Schauspielerin Christina Hecke, bekannt aus „Der letzte Bulle“, sprach in einem Interview mit der „Bild“ offen über ihre Beziehung zur Fotografin Stefanie Henn. Sie verriet, dass sie seit zwei Jahren verheiratet sind: „Wir kennen uns seit acht Jahren und sind seit zwei Jahren verheiratet – in einem ganz kleinen Kreis. Sieben Leute inklusive uns als Brautpaar.“ Für Hecke war es kein klassisches Coming Out, sondern vielmehr ein Bekenntnis zu ihrer Liebe: „Ich liebe eine Frau, na und?“
TikTok-Star Jojo Siwa nutzte Mitte Januar 2021 ihren Twitter-Account, um ihre bisexuelle Identität zu offenbaren. Sie postete ein Foto, auf dem sie ein T-Shirt mit der Aufschrift „Beste homosexuelle Cousine überhaupt“ trug. Nur einen Tag später veröffentlichte sie ein Video auf Instagram, in dem sie sich für die überwältigende Unterstützung bedankte und erklärte, dass sie bisexuell sei. Mit diesem Schritt machte sie sich für queere Jugendliche stark und wurde zum Vorbild für viele junge Menschen.
Warum die Begriffe nicht vermischt werden sollten
Im Deutschen wird häufig vom „Outing“ gesprochen, wenn eigentlich das „Coming Out“ gemeint ist. Dieser sprachliche Fehler kann problematisch sein, weil er die positive, selbstbestimmte Entscheidung des Coming Outs mit der unfreiwilligen Bloßstellung des Outings vermischt.
Es gibt auch die Tendenz, das Wort „Outing“ auf andere Lebensbereiche zu übertragen, etwa dann, wenn Prominente unfreiwillig persönliche Informationen preisgeben müssen. Diese Verallgemeinerung kann dazu führen, dass das Outen von sexueller Orientierung als negativ oder peinlich betrachtet wird – was im Fall eines selbstbestimmten Coming Outs nicht zutreffen sollte.
Um Missverständnisse zu vermeiden, ist es wichtig, die Ausdrücke präzise zu verwenden.
Selbstbestimmtes Coming Out: Dein Weg, dein Tempo
Dein Coming Out sollte deine Entscheidung sein – und keine Reaktion auf das Verhalten anderer. Der richtige Zeitpunkt? Den gibt es nicht – genauso wenig wie es den falschen gibt. Wenn du dich bereit fühlst, kannst du die Gelegenheit nutzen und die Situation aktiv für dich gestalten. Viele Menschen berichten, dass ihnen das selbstbestimmte Coming Out Kraft gegeben hat. Ganz zu schweigen von einer tiefen innerlichen Befreiung. Du musst, wenn du dich für den Schritt entscheidest, nichts mehr verstecken. Dennoch ist er natürlich alles andere als einfach.
Im Magazin von Sie-sucht-Sie findest du weitere hilfreiche Tipps rund um das Coming Out. Wenn du dich über deine Gefühle austauschen möchtest, beteilige dich gerne an unserer Community.